Sechs Monate nach meinem größten Erfolg – dem Vollenden der Ocean’s Seven als erste deutsche Frau – geht meine abenteuerliche Reise durch die Gewässer dieser Erde weiter. Mein Schwimmen durch den Derwent River in Tasmanien Australien hielt eine Premiere für mich bereit – knapp 36 Kilometer schwamm ich dieses Mal nicht durchs Meer, sondern durch einen Süßwasserfluss. Eine völlig neue Herausforderung wartete damit auf mich. Nun also Nummer zwei: der Derwent River Big Swim!
Mein Schwimmen begann um 1:45 Uhr – mitten in der Nacht, um die Strömung optimal zu nutzen. Schon die Anfahrt war sehr abenteuerlich: Kängurus und Wombats kreuzten unseren Weg zum Boot. Angekommen auf dem Boot fuhren wir ca. fünf Kilometer zum Startpunkt. Wie immer mit dabei: Mein Papa und meine Coaches Adam und Joshua – Never change a winning team.
Der Start in vollkommener Dunkelheit gab mir einen kurzen Flashback zu meinem Start im Nordkanal. Doch auch, wenn das Wasser mit 17 Grad alles andere als warm war, fühlte es sich im Vergleich zu den 14 Grad im Nordkanal fast schon angenehm warm an. In Australien jetzt war es so dunkel, ich hatte in der Finsternis sogar Probleme, mein Beiboot zu erkennen. Selbst die Trinkflasche bei den Feedings verfehlte ich immer wieder, obwohl sie durch einen Leuchtstab gekennzeichnet war.
Ich schwamm seit ungefähr 1,5 Stunden, als wir an einer Papierfabrik vorbeikamen. Das Wasser wurde spürbar wärmer und roch unangenehm. Ich war froh über meine Cholera-Impfung, die ich vorab genommen hatte. Auch das gehört leider zum Freiwasserschwimmen dazu. Die Verschmutzung unserer Gewässer wird einem so noch einmal ganz anders bewusst.
Nach drei Stunden sprang mein Coach Adam zur Unterstützung ins Wasser. Wir schwammen unter einer Brücke hindurch. Unter ihr nahm ich zum ersten Mal ganz andere Strömungen war, als ich sie aus dem Meer kannte. Sie waren extrem stark, es war also höchste Konzentration gefragt.
Was ich nicht erwartet hätte: Der Sternenhimmel war atemberaubend, nach Hawaii vielleicht einer der schönsten, die ich je gesehen habe. Immer wenn ich mich auf den Rücken drehte, um etwas zu trinken oder zu essen, schaute ich in diese Unendlichkeit.
Und als sich dann auch noch im Sonnenaufgang die Berge am Horizont abzeichneten wurde mir erneut bewusst: Ich habe den schönsten Sport der Welt gewählt.
Doch so langsam machte mir zu schaffen, dass ich, wie schon so oft vor wichtigen Schwimmen, mal wieder kaum ein Auge zugemacht hatte. Ich war schon Stunden unterwegs, meine Schultern schmerzten. Mein Badeanzug hatte meine Haut trotz Vaseline aufgescheuert und die Kälte mit sechs Grad Außentemperatur setzte mir zwischenzeitlich zu.
Dass mein Körper durch die lange und intensive Vorbereitung auf den Nordkanal aus dem letzten Jahr gut im Training war, machte sich insbesondere zu diesem Zeitpunkt bezahlbar.
Adam begleitete mich noch ein letztes Mal im Wasser, dann kam die vorletzte Brücke. Ich spürte die Unruhe auf dem Boot, mein Team feuerte mich an: Ich könnte es unter sieben Stunden schaffen – eine Leistung, die bisher nur sechs Schwimmer:innen vor mir gelungen war. Also alles geben! Keine Pausen mehr, nur noch schwimmen.
Dann die letzte Brücke – das Ziel! Ich hatte es geschafft und zwar unter sieben Stunden! Wow! Was für ein Gefühl. Mein Team jubelte und ich spürte trotz der großen Freude über mein erreichtes Ziel, wie sich die Erschöpfung schlagartig in mir breitmachte. Zurück auf dem Boot fuhren wir in den Hafen, wo ein leckeres Frühstück auf uns wartete.
Fazit: Mein Körper kann Unglaubliches leisten, wenn der Wille stark genug ist. Doch eines wurde mir klar: So besonders Süßwasserschwimmen auch ist – meine wahre Leidenschaft bleibt das Meer.